Ausleitungsverfahren

Ausleitungsverfahren stellen eine wichtige Säule der Naturheilkunde dar. Zu den bekanntesten Aus- und Ableitungsverfahren gehören der Aderlass, das Baunscheidtieren, das Schröpfen, aber auch die Behandlung mit Cantharidenpflastern und die Blutegeltherapie.

Das zu Grunde liegende Erklärungsmodell ist das System der Grundregulation nach Pischinger im Bindegewebe. Das Bindegewebe umgibt jede unserer Körperzellen und stellt das größte zusammenhängende Ganze im Körper dar. Es umhüllt, versorgt und verbindet alles miteinander. Rund 70% des Körpers bestehen aus Bindegewebe. Es reguliert den Säure-Basen-Haushalt und stellt die Schaltstelle für Nährstoffversorgung und die Schadstoffentsorgung unserer Zellen dar.

Säuren, die durch Stoffwechselprozesse anfallen, chemische Toxine und Umweltgifte, durch Nahrung, Trinkwasser oder Luft aufgenommen, reichern sich mit der Zeit im Bindegewebe an. Wenn zu viele schädliche Substanzen den Organismus belasten und nicht mehr wie vorgesehen neutralisiert werden und über den extrazellulären Raum abtransportiert werden können, lagern sich diese „Abfälle“ an und verschlechtern zunehmend die Transport- und Entgiftungsfunktion des Bindegewebes. Die Folge ist eine Verschlackung bzw. Vergiftung des Bindegewebes. Der Organismus befindet sich in einer Regulationsstarre.

In Folge der gestörten Regulationsfunktion können zahlreiche Beschwerden und Krankheiten entstehen. Dazu gehören körperliche und geistige Leistungsminderung, Schlafstörungen, Immunschwäche, Verdauungsbeschwerden, Ekzeme und Ödeme. Auf Dauer begünstigt die Verschlackung des Bindegewebes die Entstehung chronischer Krankheiten, wie Allergien, Asthma oder rheumatischer Erkrankungen.

Die genannten Aus- und Ableitungsverfahren werden an dieser Stelle eingesetzt, um den Körper aus der Regulationsstarre herauszuführen und die natürliche Regulation wiederherzustellen. Durch das Setzen äußerer Reize wird die Ausscheidungstätigkeit des Organismus angeregt, Mikrozirkulationsstörungen beseitigt und der Körper von schmerz- und entzündungserregenden Stoffen befreit. Der freie Fluss im Zellzwischenraum wird wiederhergestellt und der Bindegewebsstoffwechsel kann wieder normal ablaufen.

Aderlass

Der Aderlass ist eines der ältesten bekannten Heilverfahren und dient sowohl der Reinigung, als auch der Entlastung des Blutes.

Bei einem Aderlass wird Venenblut mit einer größeren Kanüle (in der Regel zwischen 50 ml bis 300 ml) abgenommen. Die hierbei entnommene Menge richtet sich u.a. nach Krankheit, Geschlecht, Konstitution und Alter des Patienten.

Durch den Aderlass kommt es in den Gefäßen zu einem geringen Flüssigkeitsverlust, der unmittelbar durch nachströmendes Blut ausgeglichen wird. Durch die Bewegung im Gewebe können Giftstoffe nun direkt in das Gefäßsystem zur anschließenden Ausscheidung über die entsprechenden Ausscheidungsorgane gelangen.

Weitere positive Auswirkungen des Aderlasses sind eine verbesserte Fließgeschwindigkeit des Blutes, durch die Verringerung des Blutvolumens und ein verbesserter Sauerstofftransport, sowie eine verbesserte Immunabwehr, durch die Neubildung frischer Blutzellen.

Der Aderlass wird erfahrungsgemäß angewendet bei:

  • Entzündungen
  • Blutfülle (Plethora)
  • Gesteigerter Blutgerinnung
  • Hämochromatose
  • Bluthochdruck
  • Stauungen, venöse Stase, Varikosis
  • Loklalen Krämpfen (Koliken)
  • Stoffwechselstörungen
  • Übersäuerung des Bindegewebes

Baunscheidtieren

Die Baunscheidt-Therapie ist nach ihrem Gründer Carl Baunscheidt (1809-1872) benannt und zählt zu den ausschlagerzeugenden Methoden unter den Ausleitungsverfahren.

Der Therapeut fügt dem Patienten mit einem speziell für diesen Zweck vorgesehenen Gerät in einem umschriebenen Hautareal schmerzarm kleinste Mikroverletzungen zu. Es kommt nicht zu Blutungen oder Narbenbildung. Vor der Anwendung wird das zu behandelnde Hautareal desinfiziert. Anschließend wird der gestichelte Bereich steril mit einer hautreizenden Ölmischung eingerieben. Als Reaktion bilden sich kleinste Quaddeln, über die Wundflüssigkeit ausgeschieden wird.

Dieser künstlich gesetzte Reiz wirkt stoffwechsel- und durchblutungsanregend, stimuliert durch Anregung immunkompetenter Zellen über die Haut das Immunsystem und entfaltet eine schmerzlindernde und entspannende Wirkung.

Bei folgenden Krankheitsbildern hat sich das Baunscheidtieren besonders bewährt:

  • Wirbelsäulen- und Gelenkbeschwerden
  • Arthrose und Arthritiden
  • Gicht
  • Migräne und Spannungskopfschmerz
  • Vegetative Dysregulation wie Müdigkeit, Schlafstörungen und niedriger Blutdruck
  • Neuralgien
  • Abwehrschwäche und chronische Infekte

Blutegeltherapie

Die Blutegeltherapie ist eine der ältesten naturheilkundlichen Therapien. Der medizinische Blutegel (Hirudo medicinalis) wird speziell für medizinische Zwecke gezüchtet. Die in meiner Praxis verwendeten Blutegel stammen aus der Biebertaler Blutegelzucht.

Während der Behandlung mit Blutegeln werden diese an einer geeigneten Stelle an den Patienten angesetzt. Es kann unter Umständen einige Minuten dauern, bis der Blutegel anbeißt und anschließend zu saugen anfängt. Der Biss des Blutegels ist kaum schmerzhaft und im weiteren Verlauf der Behandlung nicht mehr zu spüren.

Während des Saugaktes injiziert der Blutegel mit seinem Speichel einen Wirkstoffcocktail in die Wunde. Die darin enthaltenen Wirkstoffe, zum Beispiel Hirudin und Histamin, sind für die positive Wirkung der Blutegeltherapie verantwortlich.

Mithilfe des Blutegelspeichels wird die Blutviskosität vermindert, gleichzeitig die Fließeigenschaft des Blutes verbessert, die lokale Durchblutung gesteigert und der Lymphabfluss beschleunigt.

Die heilenden Wirkungen der Wirkstoffe der Blutegel werden in der naturheilkundlichen Praxis erfahrungsgemäß eingesetzt bei:

  • Venenerkrankungen
  • Hypertonie
  • Tinnitus
  • Gelenkarthrosen und Rheumatischen Erkrankungen
  • Entzündungen aller Art
  • Lymphabflussstörungen
  • Tendovaginitis, Bursitis

Cantharidenpflaster

Das Cantharidenpflaster ist in der Naturheilkunde eines der stärksten zur Verfügung stehenden Ausleitungsverfahren und wird auch als „Aderlass am Lymphsystem“ bezeichnet.

Das Cantharidenpflaster ist ein mit einer Paste aus der getrockneten spanischen Fliege (Lytta vesicatoria) präpariertes Pflaster. Dieses Pflaster wird passend zugeschnitten und auf das zu behandelnde Hautareal aufgeklebt. Sobald das Pflaster auf der Haut klebt, verstärkt sich im entsprechenden Bereich die Durchblutung. Im Verlauf von etwa 12 Stunden kommt es zu einer Blasenbildung. Dadurch sollen Giftstoffe ausgeschieden und Schlacken aus dem Gewebe abgeleitet werden. Die Blase enthält Lymphflüssigkeit und wird je länger das Pflaster klebt umso größer.

Am nächsten Tag wird das Pflaster in meiner Praxis fachmännisch entfernt, die Blase mit einer sterilen Nadel geöffnet und anschließend mit einer sterilen Wundversorgung versehen. Die Blase heilt ohne Nebenwirkungen ab.

Aufgrund der systemischen Wirkung kann das Cantharidenpflaster vielfältig eingesetzt werden.

Zu den Haupteinsatzgebieten gehören:

  • Rheumatische Erkrankungen
  • Erkrankungen des Bewegungsapparates
  • HNO-Erkrankungen
  • Chronische Entzündungen der Mandeln
  • Trigeminusneuralgien
  • Schwindel
  • Migräne

Schröpfen

Beim Schröpfen handelt es sich um eine traditionell chinesische Heilmethode, die jedoch wegen ihrer hervorragenden Wirkung Eingang in die europäische Medizin gefunden hat und zu den klassischen Ableitungsverfahren zählt.

Beim Schröpfen wird mithilfe sogenannter Schröpfglocken bzw. Schröpfköpfe, die auf die Haut aufgesetzt werden, ein Unterdruck erzeugt und das darunterlegende Gewebe hochgezogen. Durch den Unterdruck kommt es zu einer Durchblutungssteigerung und Lockerung der darunter liegenden Gewebestrukturen. Muskeln entspannen sich und falsche Dauerreize werden beseitigt.

In meiner Praxis kombiniere ich das Schröpfen sehr gerne mit der Reflexzonentherapie oder der aktivierenden und kräftigenden Schröpfkopfmassage.

Da durch die Aktivierung der Reflexzonen auch innere Organe beeinflusst werden, ist das Schröpfen bei verschiedenen Krankheitsbildern empfehlenswert.

Dazu gehören:

  • Erkrankungen des Bewegungsapparates
  • Verdauungsstörungen
  • Leber- und Gallenleiden
  • Allgemeine Schwächezustände
  • Erkrankungen der Atemwege
  • Chronische Entzündungen
  • Funktionelle Herzbeschwerden und Bluthochdruck